Der Wolf ist im Wipptal angekommen, was nun?
„Wir brauchen mutige Politiker“
Die Bevölkerung im Wipptal ist sehr besorgt. Das wurde bei dem Informationsabend zum Wolf, organisiert von den Bauernbund-Ortsgruppen des Wipptales, gestern Abend im Vereinshaus in Stilfes klar. Mehr als 400 Bürger, Bauern und Kleintierzüchter machten ihrem Ärger Luft. Sie forderten ein entschiedenes Vorgehen gegen die Wölfe zum Schutz der Bevölkerung und des Weideviehs.
Thomas Seehauser, Bauernbundobmann von Freienfeld, brachte in seinen Grußworten die Forderung der Bauern und Tierzüchter auf den Punkt: „Wir brauchen Politiker, die in Sachen Wolf mutige Entscheidungen treffen.“
Der Bauernbundbezirk um Obmannstellvertreter Matthias Braunhofer hat Vertreter der Forst, des Amtes für Jagd- und Fischerei sowie politische Vertreter zum Informationsabend eingeladen. „Sie sollen uns sagen, wie die Situation ist und wie wir mit dem Wolf umgehen sollen“, sagte Braunhofer eingangs.
In der Gemeinde Freienfeld wurden nicht zwei, sondern drei verschiedene Wölfe beobachtet, informierte Walter Rienzner von der Dienststelle für Jagd- und Fischereiaufsicht. Insgesamt neun Wildtierrisse durch Wölfe wurden dokumentiert. Rienzner stellte klar, dass die Wölfe von sich aus ins Wipptal kommen. „Wir sind in Südtirol umzingelt von Wolfsrudeln“, sagte Rienzner. „Einzelne Tiere mache weite Wanderungen und können so überall hierzulande auftauchen.“
Rienzner sowie Amtsdirektor Luigi Spagnolli wurde von mehreren Teilnehmern der Veranstaltung vorgeworfen, Bürger und Gemeindeverwaltung zu wenig über Wolfsichtungen zu informieren. „Selbst wir als Bürgermeister bekommen ständig über alles Informationen, nur nicht über den Wolf“, kritisierte die stellvertretende Bürgermeisterin Verena Überegger.
Kritik am Amt gab es außerdem für das ungefragte Anbringen von Kameras auf Privatgrund und für fehlendes Verständnis für die Ängste der Bevölkerung vor dem Wolf. Spagnolli verteidigte das Vorgehen des Amtes und unterstrich, dass das Amt weder für noch gegen Wölfe sei. Für Entnahmen fehlten derzeit die rechtlichen Grundlagen.
Dass in Rom in dieser Angelegenheit so schnell kein Umdenken zu erwarten ist, bestätigten Senator Meinhard Durnwalder und Kammerabgeordneter Albrecht Plangger. Beide zeigten sich unzufrieden mit dem Wolfsplan von Umweltminister Costa, der keine vorbeugenden Entnahmen vorsieht. „Unser Weg läuft derzeit über die Lega und das Landwirtschaftsministerium.“
Von einem „eigenartigen Umgang in Italien mit dem Wolf“ sprach Jagdverbandsdirektor Heinrich Aukenthaler. „Die Wolfszahlen steigen dramatisch, es gibt bald 3000 Wölfe in Italien. Der absolute Schutzstatus entzweit die Bevölkerung und führt zu illegaler Selbstjustiz gegenüber dem Tier.“ Auch Aukenthaler sprach von der Notwendigkeit legaler Regulierungsmaßnahmen.
Daniel Gasser, Bezirksobmann und Vizelandesobmann im Bauernbund, unterstrich, dass das Ziel ein wolfsfreies Südtirol sein müsse. „Der Wolf vermehrt sich derart stark, dass sein absoluter Schutz überholt ist. In anderen EU-Ländern seien Entnahmen sehr wohl möglich. „Daher setzen wir auf die Politik, dass wir das auch bei uns so handhaben können.“ Gasser hält Südtirol und das Wipptal für keinen geeigneten Lebensraum für den Wolf: „Wir haben bis ins Gebirge Kulturlandschaft, wo der Wolf
keinen artgerechten Platz findet.“
Zur Sprache kam bei dem Informationsabend auch der Herdenschutz. Konrad Pfattner vom Amt für Bergwirtschaft informierte über Vor- und Nachteile von Zäunen, Hirten und Herdenschutzhunden. „Hunde schützen die Herde vor allen Eindringlinge. Dabei unterscheidet der Hund nicht zwischen Wolf und Wanderer“, gab Pfattner zu bedenken. Herdenschutz funktioniere nicht zu hundert Prozent und sei für kleine Tierhalter vom Aufwand her nicht immer zu stemmen. „Dennoch müssen wir uns fragen, was die Alternative ist“, so Pfattner.
Bei den zahlreichen Wortmeldungen äußerte sich anschließend der Unmut von Bürgern und Bauern über fehlende Handlungsmöglichkeiten gegen den Wolf. Mehrere Teilnehmerinnen zeigten sich um die Sicherheit der Menschen besorgt und fragten, ob Kinder noch ungefährdet am Waldrand spielen könnten.
Viele Teilnehmer sorgen sich um die Zukunft der Almwirtschaft und Weidehaltung im Wipptal. Der Wolf bedeute das Ende für Kleinproduzenten, die Tiere nachhaltig halten und auf den Almen weiden lasen wollen. Ein Tierhalter stellte klar, dass jeder Bauer lieber seine Tiere als eine Entschädigung hat. Mehrmals wurde dazu aufgerufen, klarer für die Almwirtschaft Stellung zu Beziehung.